Die Kalandbruderschaft in Bergen
Der Name Kalandstrasse in Bergen weist noch heute auf die ehemalige Bruderschaft hin, da in dieser Strasse das Kalandhaus stand. Es soll bis 1530 als Treffpunkt für die Bruderschaft gedient haben. Sie war eine Schöpfung der mittelalterlichen katholischen Kirche. Der Name wird abgeleitet vom Wort “calendae”, dass war der erste Tag im Monat an dem sich die Mitglieder regelmäßig trafen. Ziel war es Arme und Kranke zu unterstützen. Ursprünglich bestand die Bruderschaft aus Geistlichen. Als aber jeder Bürger Mitglied werden konnte, kam auch bald der Adel der Insel dazu und machte einen Großteil der Bruderschaft aus. Die Bruderschaft trat einmal im Frühjahr und im Herbst zur großen Zusammenkunft in Bergen zusammen. Beginn war immer am Sonntag mit einem Festgottesdienst in der Marienkirche, dazu verwendeten sie eigene Kelche und Messgewänder, die Eigentum der Bruderschaft waren und von niemand anders benutzt werden durften. Dem Gottesdienst folgte ein großes Festmahl. Die Kosten dafür wurden von den neu aufgenommenen Mitgliedern übernommen. Es war üblich, zu diesen Treffen Geld und Lebensmittelspenden mitzubringen. Am Donnerstag endeten die Zusammenkünfte. Die Reste des Essens bekamen die Armen der Stadt. Auch außerhalb der Zusammenkünfte wurden Lebensmittel, Gewänder, Heizmaterial usw. gespendet. Ein Geistlicher verwaltete diese Dinge und bekam dafür einen kleinen Geldbetrag ausgezahlt. Im Vorstand der Bruderschaft war außer dem Dekanus, der Almosenverteiler als Geistliucher, der Landvoigt als weltliches Mitglied. Das Patronat über den Rügenschen Kaland übte das Nonnenkloster in Bergen aus. Alle Verhandlungen und Kontrakte mußte mit dem Siegel der Priorin gekennzeichnet werden. Am Anfang ging es um die tägliche Unterstützung der Armen zur Ehre Gottes. Das änderte sich bald, als alle Einflußreichen Leute Mitglied wurden, und auch Frauen als Mitglieder aufgenommen wurden. In zunehmenden Maße fanden aber große Gelage statt, bei denen üppiges Essen und Trinken im Vordergrund standen.
Im Zuge der Reformation, im Jahre 1536, wurde die Bruderschaft aufgelöst und der gesamte Besitz in den Reichenkasten gegeben. Heute erinnert, außer der Kalandstraße, nichts mehr an diese Bruderschaft.
Gerd Subklew †
Abbruch des Kreuzganges um 1660; ein camposanto?
Ein Säulenhof
Nach glaubwürdigen Archivalienangaben wurde der Kreuzgang um 1660 abgebrochen.
Erstaunlicherweise verzeichnet aber noch ein Klosterplan aus der Zeit um 1730 eine Pfeilerstellung, zusammen mit dem noch erhaltenen Ost- und West- sowie dem heute noch bestehenden Südflügelrest.
Bemerkenswert ist an dem Plan um 1730 auch, daß die Pfeiler des Kreuzganges in geringen Dimensionen dargestellt werden, was mit dem massiven Mauerwerksbefund an der Nordostecke nicht zur Deckung zu bringen ist.
Nun hat sich auf diesem bis unter das damalige Laufniveau abgebrochenen Mauerwerk die oben bereits beschriebene Einarbeitung von etwa 0,35 m im Quadrat erhalten, die nach dem Versuch des Gartenarchitekten Rother, den Plan des 18. Jahrhunderts auf den heutigen Grundriß zu projizieren, mit einer Abweichung von nur knapp 0,1 m westwärts mit der Nordostecke der auf dem Plan dargestellten Pfeiler- oder Säulenstellung übereinstimmt. Tatsächlich wurde eine Granitsäule unbekannter Herkunft bei den Schachtungsarbeiten auf dem Klostergelände gefunden. Das Beispiel des um 1651 in das brandzerstörte Langhaus der Johanneskirche zu Stralsund eingebauten camposanto, der bis 1944 erhalten war, läßt fragen, ob auch hier nach dem Abbruch der mindestens zweigeschossigen Klausurgebäude mit ihren entsprechend massiven Mauerwerken auf den Resten ein solcher von gewölbtem Säulengang umgebener Begräbnishof angelegt wurde. Dieser könnte durchaus auch über die 1730er Jahre hinaus noch bestanden haben, da um diese Zeit mit dem Neubau der bis heute bestehenden Klostergebäude zwar den Bewohnerinnen der einzelnen Wohnhäuser neue Unterkünfte verschafft wurden, damit aber nicht zwangsläufig ein völliger Abbruch der Anlage notwendig wurde.
Diese Frage wird vor allem anhand der Archivalien weiter zu verfolgen sein.
Jens Christian Holst
Bauhistoriker
Erster Besuch des Königs Gustav Adolf IV in Bergen im Juli 1800
(Quelle: Archiv Droysen)
Er war mit einem großen Gefolge am 2.Juli Abends 9 Uhr von Ystad abgegangen, am 4. Morgens zwischen 1 und 2 Uhr in Stralsund angekommen, dort im Gouvernementshaus abgestiegen, und hatte vom 7. bis 17. eine Reise durch mehrere Pommersche Städte gemacht. Am 20. ging er nachmittags mit einer Couvermets-Schaluppe nach Rügen über, und traf gegen Abend unter Glockengeläute in Bergen ein.
Er stieg in dem Königl. Amtshause, der Wohnung des derzeitigen Amtshauptmann von Bohlen ab, wo er auch logierte, und ward von dem Bergener Geistlichen, den Magistratspersonen, der Bürgerschaft so wie von einer zahlreich versammelten Volksmenge feierlich und freudig empfangen, denn seit vielen Jahren hatte Bergen nicht die Freude gehabt, seinen Monarchen begrüßen zu können. Auch knüpften sich an diesem eine gute Hoffnung fernerer glücklicher Zeiten, welche keineswegs durch einige Streitigkeiten im Auftreten, die man dem Monarchen wohl zu gute hielt gestört. Vielmehr durch seine fortwährende Erwiederung der Grüße, so wie durch die Erinnerung an Helden befördert ward.
Am 21. verfügte er sich mit seinem Gefolge nach dem Rugard, wo ihn der Kantor Dammas mit einem von Präpositus Droysen verfertigten und von ihm und seinen Schülern gesungenen Liede empfingen. Dies ward ihm auch gedruckt überreicht nebst einem amtsmaßlich vom Assesor Krüger verfertigten Schwedischen Gedichte. Sodann besah er sich noch die hiesige Kirche und hörte die Orgel. Gegen Mittag verließ er uns wieder, von Segenswünschen begleitet, nach Putbus, wo er das Mittagsmahl einnahm, nach Stralsund zurück, und schiffte sich am 23ten zu Barhövt wieder nach Schweden ein.
Zur Verfügung gestellt von Gerd Subklew †.
Die Marienkirche in Bergen als Proviantlager für Französische Truppen 1807-1810
Im Jahr 1807 wurde auf allerhöchsten Befehl die Marienkirche zu einem Magazin für Lebensmittel eingerichtet, später erfolgte die Umwandlung zu einem Heu-Stroh- und Hafermagazin. Dabei nahm die Einrichtung der Kirche großen Schaden. Die Bänke wurden mitsamt den Verankerungen aus dem Boden gerissen. Die Kanzel mit Brettern verkleidet, für eine Sicherung der Orgel reichte die Zeit nicht mehr. Die Gemeinde durfte nur den Altarraum als Gottesdienststätte behalten. Dazu schreibt der damalige Probst Droysen: “Wenn wenigen noch Zeit oder Sehnsucht blieb, sich im Gotteshaus zu trösten oder zu erbauen, so wurden sie hier auf das Traurigste und Widerlichste gestört durch den Staub und lärmen in dem anstoßenden Stroh- und Heumagazin, in welchem kein Anstand genommen ward, mitten in der Predigt ein oder auszuzählen (austeilen des Proviantes) oder zu toben.”
1810 wurde das Magazin aufgelöst. Welch trauriges Bild bot die Kirche. Die Fenster waren entzwei, die Decke rußgeschwärzt, da die Franzosen in der Kirche ein ständiges Feuer am Brennen hielten. Die Gräber in der Kirche waren eingestürzt, weil mit hochbeladenen Pferdewagen in die Kirche hineingefahren wurde. Teilweise fehlten die Dachziegel, und auch die Orgel befand sich in einem schlechten Zustand. Dazu heißt es: “Da keine Zeit blieb die Orgel zu bekleiden, und die Kirchenaufseher keinen Zugang behielten, so konnten diese nicht verhindern, daß die Orgel mancher Stücke beraubt und durch Staub und Mäuse sehr beschädigt worden ist.”
Am 9. September 1811 zeigt die kgl. Regierung dem Magistrat Bergen an, daß auf kgl. Befehl vom 23. August ein Getreidemagazin in der Bergener Kirche angelegt, das vom König aufgekaufte, vom Land gelieferte Getreide dahin gebracht, und unter Aufsicht des Magistrates gestellt werden sollte. Dieses Magazin wurde an der Nordseite der Kirche, links vom Haupteingang eingerichtet, und mit einer hohen Bretterwand umgeben. Die Regierung bewilligte die Errichtung eines Schilderhauses bei der Kirche. Durch die Belagerung erlitt die Kirchengemeinde große finanzielle Einbußen. So wird berichtet, dass seit einem Jahr und länger kein Gehalt an die Pastoren und Schullehrer gezahlt wurde. Große Sorgen bereitete die Reparatur der Orgel. Über Sonderkollekten und Konzerte versuchte man das fehlende Geld aufzubringen. Am 12. April 1815 fand im Klostersaal ein Konzert statt. Das Eintrittsgeld war für die Orgelreparatur bestimmt. Auf diese Weise brachte man mit der Zeit 250 Taler zusammen. Schließlich spendete der Hofrat Wünsche, Sohn des Küsters Wünsche aus Bergen, das noch fehlende Geld. Der Instrumentenmacher Witt aus Stralsund begann mit der Reparatur der Orgel. Im Mai 1815 konnten endlich auch die Reparaturarbeiten in der Kirche beginnen. Dazu gehörte das Ausweißen der ganzen Kirche. Ein großer Teil der Bänke mußte erneuert werden u.s.w.. Am 20. Oktober 1816 fand dann die Einweihung der reparierten Kirche und Orgel in Gegenwart einer zahlreich erschienenen Gemeinde statt.
Gerd Subklew †
Rügen wurde 1815 von Schweden an Preußen übergeben.
Das Patent des Königs von Schweden vom 1. Oktober 1815. “Der König von Schweden tun kund und zu wissen, daß durch einen zwischen ihm und dem König von Preußen zu Wien den 7ten Junius abgeschlossenen Tractat er demselben alle ihm noch zuständigen Rechte und Ansprüche auf das Herzogtum Pommern und Fürstentum der Insel Rügen abgetreten habe.”
Der 23. Oktober war der Tag der Übergabe unseres Landes an Preußen, dieser feierliche Akt fand in Stralsund statt. Vorher wurde der Bevölkerung zugesichert, daß die “Wohlererworbenen Rechte, Privilegien und Freiheiten gestattet, auch nach den bestehenden Tractaten freien Handel mit Groß-Britannien, Schweden etc.” Am 24. wurde das Preußische Wappen an den gehörigen Orten angeheftet und die höchsten Privatbehörden in Eidespflicht genommen. Bald folgte danach das Friedensfest. Nach einem Puplicandum wurde die Kirchliche Feier auf den 18. Januar 1816 als Krönungstag angesetzt, und auch in Bergen in der äußerst zahlreich besuchten Kirche auf das andächtigste gefeiert. Außer dem Tedeum (Lobgesang) ward auch ein Chor von Liebhabern gesungen. Der Klingelbeutel für die Orgel brachte 14 rl.
Am Abend war die Stadt, jedoch nicht allgemein erleuchtet, indem sich in Sonderheit die Kaufleute, welche durch die jetzige Vereinigung mit Preußen an ihrem Gewerbe Einbuße befürchteten, sich davon ausgeschlossen hatten. An dem Hause des Landvogt v. Bohlen waren die großen Buchstaben F. W. transparent angebracht.
Zur Verfügung gestellt von Gerd Subklew †.
Feier zur Wiederherstellung der Bergener Kirche
Die Gemeinde bemühte sich durch Konzerte und Sammlungen eine Wiederherstellung der Kirche zu erreichen. Dazu heißt es in einem Bericht. “Durch eine Sammlung zur Wiederherstellung der Orgel waren etwa 260 Tlr. zusammen gekommen. Diese Summe ward in Folge eines Briefwechsel des Probst Droysen mit dem Buchdrucker Peter Steffenhagen in Mitan, einem Freunde des dortigen würdigen Arztes, Hofrat Wünsch, einem Sohn des Küsters Wünsch in Bergen, der nach einer schwierigen Jugendbildung sich in Curland bedeutende Reichtümer erworben hatte, sie aber fast alle zu wohltätigen Zwecken bestimmt, aber auch schon für die Bergener Armen eine Summe von 200 Taler im Sommer verehrt, so daß für die Orgel nötige Summe von 500 Talern jetzt fast voll gemacht war. Der Instrumentenmacher Witt aus Stralsund übernahm und vollführte die Reparatur. Schon seit dem Mai war an dem Ausbau der Kirche bestehend in Ausweißen, gänzlicher Erneuerung der Stühle, Anstreichen derselben unter der Leitung des Kirchen-Provisors Wodicke gearbeitet worden, und dieselbe war auch etwa um Michaelis einfach, aber geschmackvoll vollendet. Am Sonntag den 20. Oktober 1816 wurde die Feier zur Wiederherstellung der Kirche und der Orgel begangen. Morgens früh wurde vom Turm geblasen, um 9 ½ Uhr mit allen Glocken um Anfange des Gottesdienst geläutet. Ein Vorspiel der Orgel, die nun nach 10 Jahren zum ersten Male wieder ertönte, begann denselben. Darauf folgten Wechselgesang, mit Gesängen der Gemeinde und des Sängerchores, sodann die zur Dankbarkeit gegen Gott ermutigende Predigt des Probst Droysen, nun das Tedeum, und nach dem Abendmahle machte eine Musik des Sängerchores den Abschluß. Der Gottesdienst dauerte von 9 ½ Uhr bis 1 Uhr, Nachmittags von 2 bis 4 ½ Uhr. Der Altar war an diesem Tage zuerst mit einer neuen Decke von rotem Seidenzeuge, nebst einigen kleinen Kelchdecken geschmückt, einem Geschenk von einer damals ungenannten Gesellschaft, des Probste Droysen und einige seiner Berger Bekannten. Sie war bestickt mit einem weißen Kreuze und einer Glorie von Silber, und kostete 50 Taler. Es hat sich der nach Bergen gezogene Graf v. Wolffradt sich erboten, seinen prachtvollen, von ihm fast garnicht benutzten Westfälischen Ministermantel herzugeben, um daraus eine Altardecke zu verfertigen. Die Sache ward allgemein bekannt, und es erhoben sich so viele Schreier dagegen die an dem Minister Anstoß nahmen. Er hätte allerdings besser getan, eine fertige Decke zu schenken.
Die Schreier hüteten sich an das Schenken einer neuen Decke zu denken.
Zur Verfügung gestellt von Gerd Subklew †.
„Das habe ich mir auf die Fahne geschrieben…”
so die Aussage von Herrn Karl Zerning im Juli 2020 zu dem wiedergefundenen Kreuz des ehemaligen Bürgermeisters der Stadt Bergen auf Rügen Jacob Friedrich Kagelmacher. Der Tenor in dem damaligen Artikel der Ostsee-Zeitung war das Entsetzen über Vandalismus und Zerstörung von Kreuzen, historischen Zaunanlagen und darstellenden Figuren auf den Friedhöfen.
Zur Restaurierung wurde an dem gusseisernen Kreuz, welches total verrostet war, viel Zeit investiert, um es zu bearbeiten. Fachliche Beratung und Unterstützung bekam Hr. Zerning von Hrn. J. Lebahn und Herrn Wollmann. Zudem wurde das Unternehmen durch den Bauhof der Stadt unterstützt.
der zur Rettung des unteren Endes des eingelassenen Kreuzes in den Steinblock einen Boschhammer zur Verfügung stellte.
Nachdem das Kreuz von den Friedhofsmitarbeitern gesichert und in die Werkstatt zu Herrn Zerning gebracht wurde, begann das aufwändige Reinigen, Entrosten, Streichen in mehreren Schichten und die mühsame Erneuerung des Schriftzuges.
Das Geburtsdatum, „geb. den 17.Novbr. 1769″ war Anlass, den 251. Geburtstag zu würdigen.
Der Schlossermeister Krummheuer wurde gewonnen, welcher den Fuß des Kreuzes insofern bearbeitet und erneuert hat, dass die Standfestigkeit wieder gegeben ist. Ebenfalls behilflich waren hier Herr Steinmetzmeister Christian Krüger mit seinem Mitarbeiter Herrn Tänzer.
Im Trauregister der Evang. Kirche St. Marien zu Bergen auf Rügen findet sich der Eintrag, dass am 23.07.1795 Herr Jacob Friedrich Kagelmacher, 26 Jahre alt, als Bürger und Kaufmann in Bergen die Jungfer Eleonore Tugendreich Holdtfreter geehelicht hat. Hier ist erwähnenswert, dass der Brautvater der Meister Joachim Holdtfreter, seiner Zunft Bäcker war. Das im Allgemeinen bekannte Benedixsche Haus war damals Sitz der Bäckerei. Außerdem nahm der Bürger Holdtfreter das Amt des ersten Altermannes in Bergen ein. Dieses übertragene Amt wurde durch Wahl erlangt und bedeutet so viel wie Innungsmeister.
Das Amt des Bürgermeisters hat Jacob Friedrich Kagelmacher bis zu seinem Sterbetag ausgefüllt. Im Sterberegister ist der Tag des Todes mit dem Datum 23.03.1842, Abds. 10 Uhr, festgehalten. Weiterhin ist dort zu lesen, dass der Geburtsort Darz bei Zirkow war, das Alter von 73 Jahren erreicht wurde und die Krankheit „Brustübel“ wahrscheinlich zum Tode geführt hat.
Aufgestellt wurde das Kreuz an der linken Seite des Haupteinganges auf dem Alten Friedhof in Bergen auf Rügen. Damit ist die Ehre und das Gedenken an besondere Persönlichkeiten, wie es damals üblich war, wieder hergestellt.
Dank des Einsatzes von Herrn Zerning und den unterstützenden Mitarbeitern steht das restaurierte Kreuz gut sichtbar und als Zeichen gegen das Vergessen unserer Stadtgeschichte.
Silke Horn
Die Öffnung des Kirchturmknopfes zu Bergen auf Rügen im Jahre 1845
Umfangreiche Bauarbeiten wurden im Jahre 1845 am Bergener Kirchturm durchgeführt. Der damalige Pastor und Superindendent Dr. Klöpper schildert in einem Brief datiert vom 14. Juli 1845 die Öffnung des damaligen Kirchturmknopfes. “Am Sonnabend, den 12. Juli, war man mit der Abnahme des hiesigen Turmknopfes nebst Wetterhahn beschäftigt. Das Werk wurde unter der geschickten Leitung des Herrn Architekten Poirier und durch hiesige Arbeiter wohl vollendet. Der geöffnete Turmknopf, eine kupferne Kugel, enthielt eine bleierne Kapsel und eine kupferne gravierte Platte. Das papierne Dokument war durch eintretendes Wasser verwittert und zu Kohle verschrumpft. Dagegen las man auf der Platte folgende Inschriften. “Unter der Regierung des Friede machenden Karl XI. und als der hochherzige Held Wrangel Präses des Herzogtums, als Wilken Berglasen Landvoigt des fruchtbaren Rügens war, wurde dieser einzustürzen drohende Turm erneuert. Und zwar sorgte für die Wiederherstellung des heiligen Gebäudes der Pastor und Präspositus Stein. Denn er wollte nicht das Haupt vernachlässigen, nachdem er die kranken Teile des Gotteshauses wiederhergestellt hatte. Wer du auch seiest, folge diesem Eifer und sorge für die Erhaltung des Hergestellten, so sorgst du auch für die Nachwelt.”
Anno aerae 1669, er 1. Juli Johannes Hercules in Patria
Syndicus provincialis
Die Rückseite der Platte trug folgende Inschrift.
“Im Jahre nach Christi Geburth 1669 als Herr Wilken Berglase auf Techenvitz und Lossentitz Erbsessen Köngl. Landvoigt auf Rügen, M. Johannes Stein, Pastor zu Bergen u. Präepositus Synodi in Bergen, Johannes Hermann, Diaconus, Bürgermeister Hans Ziehert und Heinrich Harder der reiche Kasten. Bartholomaeus Lebahn und Niclaus Müller der Kirchen Conras Döbel und Hans Roloff der armen Kasten Vorsteher waren.
Ist durch Gottes Gnade dieser sehr baufällige Thurm von unten bis oben wieder repariert, mit neuem Holze durchbauet und mit gantz neuem Kupfer bedecket. Gott erhalte denselben lange zu seinen Ehren und unserer Posterität zum besten um Chisti Willen Amen.”
Durch ein bedeutendes Gnadengeschenk unseres vielgeliebten Königs und Herrn, durch nicht unbedeutende freiwillige Beiträge aus der Provins, durch eine große Beisteuer aus der Bergenschen Gemeinde, ist die Summe von 4000 Thlr. aufgebracht, und kann die Turmspitze jetzt nicht nur neu hergestellt werden, sondern es ist auch auf ausdrücklichen Befehl seiner Majestät angeordnet, daß beim Beginn der Hauptspitze sich um dieselbe noch vier kleine Türmchen als Zierde kränzen. Ein großer vergoldeter Knopf, beherrscht von einem 12 Fuß hohen, an den Rändern vergoldeten Kreuze wird die Spitze beschließen.
Rügensche Heimat O.Wobbe 1933
Bearbeitet von Gerd Subklew †
Auszüge aus der Schrift zum 700 jährigen Stadtjubiläum Bergen als Beilage zum Anzeiger für die Stadt Bergen im Jahre 1893
Die Kirche bestand nach der Reformationszeit aus zwei durch ein eisernes Gitterwerk getrennte Teile (bis 1667), von denen der Östliche auch Kloster oder Jungfernkirche genannt wurde, weil in ihm die Klosterfrauen ihre Betstunden hielten.
Der westliche Teil, welcher einen eigenen Altar, den sogenannten großen Altar, hatte hieß die Kirchspielkirche. Er umfaßte das eigentliche Schiff der Kirche nebst der Vorhalle und dem großen Turm und war der heiligen Dreifaltigkeit geweiht.
Der zuerst genannte Teil, die Klosterkirche, welche allein vom fürstlichen Amte im Bau zu erhalten war, hatte also den großen Chor inne, der jetzt den Altarraum bildet, und zählt drei große in der Apsis zwei kleine in den Seitenflächen des Chores angebrachte Fenster. Die aber, wie überhaupt das ganze Gebäude im elendestem Zustand waren. Die Klosterkirche hatte damals außer dem eigenen Altar auch besonderes Gestühl und an der Nordseite in der Mauer einen eisernen Schrank mit schloßfesten Türen, über welchem ein altes vergoldetes Marienbild stand. Von dem Gewölbe des Chores, heißt es dann, es wird geklagt, daß es höchst baufällig und in Ermangelung des Daches so verdorben gewesen, daß die Prediger, so oft es regnete und starke Winde wehten, ihr Amt nicht ohne Gefahr vor dem Altar verrichten, auch die Klosterfrauen selbst auf ihrem Chor wie auch die Pröbste und Vikare auf den ihrigen nicht ohne Gefahr stehen und sitzen konnten. Auch vom Altar heißt es, daß er sehr schlecht und geringe und durch den Regen und lecken durchs Gewölbe der Farbe mehrenteils entblößt gewesen.
Der westliche Teil der zum Gebrauch für die Gemeinde bestimmt und aus ihren eigenen geringen Mitteln im Bau zu erhalten war, befand sich nach Zeugnis der Matrikel im besseren Stande. Danach wurde die Kirche immer besser und ordentlicher gehalten, so daß der Bauzustand bis Anfang des 18. Jahrhundert als gut befunden wurde.
Zur Verfügung gestellt von Gerd Subklew †.
Kirche vor der großen Restaurierung
Vor der großen Renovierung der Kirche 1896-1902 war das Innere mit weißer Kalkfarbe angestrichen. Das Gestühl und die Chöre hatten eine graue Farbe, nur die oberen Leisten waren geschwärzt. Die Kirchenstühle besaßen Türen und wurden für eine Jahresmiete an die einzelnen Gemeindeglieder vermietet. Es gab aber auch Freistühle im Bürgerchor, zu denen jeder Zutritt hatte. Es befanden sich 5 Chöre in der Kirche. In Bergen war es üblich zu dem Gestühl Chor zu sagen. Der größte war das Bürgerchor unterhalb der Orgelempore, dass für mehr als hundert Personen Platz bot. Auf der Nordseite, zwischen den Säulen war das Schuster und Schülerchor. Auf der Südseite, ebenfalls zwischen den Säulen, stand das Ralswieker und das Karnitzer Chor. Im nördlichen Seitenschiff, seitlich der Kanzel stand ein Raum zimmerartig abgeteilt. Hier weilte der Pastor nach beendigter Liturgie, während die Gemeinde das Predigtlied sang. Mit Beginn des letzten Verses holte der Küster den Geistlichen ab und geleitete ihn zur Kanzel. Im Hochaltar befanden sich links und rechts je ein offener und verdeckter Stuhl. Links für den ersten Geistlichen und rechts für den Diakon. Für den Bürgermeister und den Ratsherren war im Mittelgang, gegenüber der Kanzel ein besonderes Gestühl mit zwölf Armlehnen errichtet. Der Taufstein stand schon im 17. Jahrhundert im Chor. Ein Gerichtssekretär vermachte der Kirche Figuren, mit denen der Taufstein geschmückt war. Erst im Zuge der Renovierung der Kirche wurde an der Nordseite, in einer ehemaligen Begräbniskapelle, die Taufkapelle errichtet. Der Taufstein hat nun seinen alten Platz eingenommen.
Zu den weihnachtlichen Gottesdiensten brachte jeder Besucher ein oder zwei Kerzen mit, stellte sie vor sich auf den Rand des Gestühls und entzündete sie. Am ersten Weihnachtstag, ersten Ostertag und ersten Pfingsttag fanden je drei Gottesdienste statt. Der erste begann morgens früh 6.00 Uhr, der zweite vormittags 9 ½ Uhr, und der dritte nachmittags 2.00 Uhr.
Gerd Subklew †
Rügensche Zeitung vom 21.2.1933
Der Unfug des Kirchturmkletterns nun auch in Bergen
Als wir in Bergen am Schneewirbelnden Sonntag erwachten, flatterte hoch an der Spitze unseres altehrwürdigen Kirchturms über dem Kreuze eine schwarze Fahne oder ein Wimpel, der anscheinend einen Totenkopf trug. Wie unser Bild zeigt, hat der Mann, der sich hier als Luftakrobat betätigte eine Nachtarbeit geleistet, die jedem Fassaden kletternden Einbrecher Ehre machen würde. Dazu pfiff der eisige Nordost gerade in dieser Nacht derart um den Turm, daß man eigentlich meinen sollte er allein schütze das Gotteshaus zur Genüge vor solchen Streichen!
Der Täter, über den man sich anfangs völlig im Unklaren war, hat die verschloßene Luke in der Höhe der Ballustrade gesprengt, ebenso eine Tür im Turmgebäude 10 Meter über dem Glockenstuhl. Hier zersprengte er das Schloß und legte, um sich vor Strafe für Sachbeschädgung zu schützen und um sich interessanter zu machen einen Zettel hin “Als Ersatz für das zerbrochene Schloß der Turmgeist”.
Dann muß er sich durch eine Turmluke gezwängt haben und an den Haken der Außenbedachung emporgeklettert sein, um dann die Kugel und schließlich das mit Querstreben in der Längsachse versehene Kreuz zu erklimmen.
Wie man am Montagnachmittag erfuhr, sind die Täter zwei Schüler der Landwirtschaftlichen Winterschule in Bergen. Die Fahne hißte ein gewisser P. aus Mukran. Die beiden sind vom Klostergarten aus mittels Nachschlüssel in das Gotteshaus eingedrungen und brauchten die Zeit von 10 Uhr abends bis 3 Uhr morgens für die Durchführung ihrer Tat.
Der damalige Schüler W. Paeplow wurde wegen eines geringen Fußfehlers ausgemustert. Um seiner Umgebung zu zeigen, dass er trotzdem hätte zur Reichswehr gehen können, kam ihm die Idee mit dem Wimpel.
Auch in Stralsund hatte zuvor ein Primaner ähnliches getan.
„Rügensche Zeitung“ vom 25.1.1933
Über die Neuaufführung der Turmspitze der Marienkirche, die durch die Flaggenhissung allgemeine Aufmerksamkeit erregt; finden sich in einer alten Handschrift folgende Angaben:
Der Bau der Turmspitze wurde dem Zimmermann Peters (den ältere Einwohner von Bergen noch kennen werden), von der Regierung in Stralsund in Auftrag gegeben. 1845 wurde der Bau ausgeführt.
Dem Kunstschlosser Fuhrmann wurde die Anfertigung von Kugel und Kreuz übertragen.
Der Maler Schmidt sollte die Vergoldung ausführen.
Fuhrmann wollte die Aufstellung der Kugel des Kreuzes nicht ohne die Anbringung eines schwindelfreien Gerüstes übernehmen.
Peters hatte dazu aber keine Lust, besonders der hohen Kosten wegen und stellte deshalb selber mit Hilfe eines am „Kaiserbalken“ angebrachten Kranes die Kugel und das Kreuz auf. Darauf hielt er von oben seinen Spruch. Fast ganz Bergen hatte sich auf dem Marktplatz versammelt, unter Ihnen auch der damalige Kreisphysikus Dr. Wenzel, der, in jeder Hand eine Rotweinflasche, hiermit Peters zuwinkte.
Nach den alten Angaben mißt die die Turmspitze von der Galerie aufwärts 90 Fuß, die Kugel hat 2,5 Fuß Durchmesser, das Kreuz ist 8,5 Fuß hoch.
Zur Verfügung gestellt von Gerd Subklew †
Gemeindebrief Juni/Juli/August 2004
Rückblick
Vor 10 Jahren im Juli/August 1994, waren an unserem Kirchturm große Reparaturen erforderlich. Dazu mußten auch die Kugel und das Kreuz abgenommen werden. In der Kugel befindet sich die Kapsel mit historischen Dokumenten und Münzen.
Der Kapselinhalt wurde durch folgendes aktuell ergänzt:
Ostsee-Zeitung, Kirchenzeitung, Schriftstück mit den amtierenden Pastoren der Gemeinde und den kirchlichen Mitarbeitern (Kantor, Küster, Büroangestellten und Betreuer im Kindergarten). Des weiteren eine Liste mit den Namen der Kirchenältesten und des Beirates.
Da am 20. Juli 1994 der 50. Jahrestag des Hitlerattentates war, habe ich noch von zu Hause die 5-DM-Gedenkmünze zum Hitlerattentat geholt. Weiterhin wurden alle aktuellen Geldmünzen in die Kapsel getan.
Horst Wehmeier
Kirche in schwerer Zeit – Rückblick auf Partnerschaft Friedensgemeinde Bremen und St. Marien Bergen auf Rügen
In der ersten Augustwoche 2011 weilte Frau Gertrud Diers aus Bremen wieder auf unserer Insel und besuchte unseren Gottesdienst in Bergen.
Frau Diers war viele Jahre im Kreisdiakonischen Werk in Bremen tätig und war für den Arbeitsbereich „Partnerschaft zu Osteuropa“ (DDR, Polen, Rumänien) zuständig. Die Evangelische Kirche Deutschland (EKD) hatte es sich zur Aufgabe gemacht, die Landeskirchen in der DDR zu unterstützen.
Die Bremer Evangelische Kirche hatte für die Insel Rügen die Partnerschaft übernommen.
Erste Kontakte entstanden in den Jahren 1948/49. Ich kann mich noch gut an Briefe, Besuche und Päckchen in den siebziger Jahren erinnern. Die Partnerschaft zwischen der Friedensgemeinde Bremen und St. Marien Bergen bestand etwa von 1972 -1993. Auf diese Weise lernten wir unsere Freunde, Familie Schmidt aus Bremen kennen. Auch bei anderen Gemeindegliedern entwickelten sich aus der ehemaligen Kontaktaufnahme feste Freundschaften bis in die heutige Zeit.
Als ich im März 1982 die Erlaubnis erhielt, meine betagte Tante in Hamburg zum Geburtstag zu besuchen, war ich auch in Bremen zum „Weltgebetstag der Frauen“ von der Friedensgemeinde eingeladen. Hier konnten wir uns über Sorgen und Nöte unserer Gemeinden austauschen, unter anderem über unser unzulängliches, ständig defektes Läutewerk unserer Glocken. Wie groß war die Freude, als wir von Bremen ein neues elektrisches Läutewerk bekamen, dass unsere drei Glocken heute noch erklingen läßt. Später folgte eine große notwendige Aluminiumleiter, das Blattgold für die Punkte des erneuerten Ziffernblattes unserer Kirchturmuhr (unsere 61-Minuten-Uhr an der Nordseite). Wir bekamen Pflegeartikel zur Messingpflege für den reparierten Leuchter der Gewandschneider. Finanzielle Mittel für die Bezahlung der Spielanlagenerneuerung der Orgel in den Jahren 1986/87. Hiermit sei an einiges erinnert woran Frau Diers maßgeblich beteiligt war, da sie diese „Projekte“ lenkte und unterstützte. Wir sagen ihr im Nachhinein nochmals Dank und freuen uns über ihren Besuch.
Den Abschluss der partnerschaftlichen Beziehungen bildeten die Treffen der Kirchenchöre mit ihren Konzerten in Bremen und in Bergen in den Jahren 1992/93.
In der damals schweren und bewegten Zeit erfuhr unsere Gemeinde partnerschaftliche Hilfe im Rahmen der Möglichkeiten der aktiven Menschen in Ost und West. Im Rückblick erinnerte sich Frau Diers an Mitarbeiter und Gemeindeglieder, die nicht mehr hier wohnen und auch schon verstorben sind. Sie selbst zeigte sich erfreut über die vielen Veränderungen und die Lebendigkeit der Gemeinde von 2011.
Barb Zerning