Kriegsgräber

Projekt „Kriegsgräbererfassung“ auf Alter und Neuer Friedhof
2. Weltkrieg

Alter Friedhof Abteilung 6 (2017)

Im Sommer 2006 wurde im Einvernehmen mit dem damals zuständigen Mitarbeiter der Stadtverwaltung, dem Vorsitzenden des GKR (jetzt KGR) und den Mitarbeitern der Friedhofsverwaltung das Projekt „Kriegsgräbererfassung“, von der Sache her eine Pflichtaufgabe der Stadt Bergen auf Rügen, an die Ev. Kirchengemeinde als Träger der beiden Friedhöfe übertragen.
Die Übertragung an uns hatte vorwiegend praktische Gründe, da alle Arbeitsmaterialien, die zur Erfassung nötig waren, wie Grab-, Sterbe-, Suchregister sowie weitere Akten aus dem Archiv, nicht über längere Zeit aus der Hand gegeben werden konnten, da sie für die tägliche Arbeit in der Friedhofsverwaltung ständig benötigt wurden und werden.
Die Arbeit an dem Projekt wurde von mir im August 2006 begonnen und im März 2017 beendet.

Ziemlich schnell stellte sich heraus, dass es eine Mammutaufgabe werden würde, die nicht in der regulären Arbeitszeit hier in der Friedhofsverwaltung/im Gemeindebüro zu erledigen war.
Im Endeffekt kristallisierte sich für mich der Freitagnachmittag als gute Zeit für die Bearbeitung heraus, da weder Besucherverkehr noch Telefonate die nötige Vertiefung in die Materie störten und auch vollgelegte Tische und Stühle mit Akten, Registern, Büchern u. ä. niemand behinderten.

In den einzelnen Jahren wurden folgende Arbeitsschritte erledigt, wobei sich aus der Abarbeitung eines Arbeitsschrittes der nächste ergab, der vorher meist nicht abzusehen war und dennoch einer weiteren eingehenden Recherche bedurfte:
– Durchsicht der sich im Büro der Friedhofsverwaltung und im Archiv im Kirchengebäude befindlichen Akten zum Thema Kriegsgräber
– Anfertigung von Kopien der Schriftstücke das Thema betreffend, zur Zusammenfassung in einer Handakte
– Anfertigung von Kopien der Gräberlisten, die bereits während des 2. Weltkrieges und nach Ende desselben zur Thematik angefertigt wurden und Übernahme in die Handakte
– Durchsicht der Wahlstellen-Grabregister nach Eintragungen wie z. B.: „z. Zt.“, „i. Flüchtlingszug“, „z. Zt. Flucht“, „Flüchtlingsquartier“, „Flüchtlingslager“, „Flüchtling“, „z. Zt. aufhältlich“, „Umsiedler“, „Umsiedlungslager“, „aus Luftschutzgründen umquartiert“, „Bombengeschädigte“, „Ostarbeiter“, „durch Terrorangriff getötet“,„Kriegseinwirkung“ usw. für den Alten Friedhof
– Durchsicht der alphabetischen Suchregister nach Eintragungen wie oben beschrieben für den Alten und den Neuen Friedhof – Durchsicht der Sterberegister nach Eintragungen wie oben beschrieben im Zeitraum 1939 bis 1952
– Zusammenstellung aller bereits in früheren Jahren erfolgten Erfassungen und der aktuell erfassten Verstorbenen in einer alphabetischen Arbeitsliste, getrennt nach Alten und Neuen Friedhof –
Festlegung der einzelnen Opfergruppen durch farbliche Markierung in der alphabetischen Arbeitsliste für den Alten Friedhof
– Anfertigung der Gräberlisten für den Neuen Friedhof

Kinder-Quartier auf dem Alten Friedhof
Kinder-Quartier auf dem Alten Friedhof (2020)

– Eingehende Recherche in Altakten und Protokollbüchern des GKR zur Kinderbestattung im Zeitraum 1945/1946 im sogen. „Kinder-Quartier“ in Abtlg. 1
– Anfertigung der Gräberlisten für den Alten Friedhof als Vorentwurf
– Abgleich mit der alphabetischen Arbeitsliste und weitere Recherchen, die immer wieder Korrekturen der Gräberlisten-Vorentwürfe für den Alten Friedhof nach sich zogen, zwischenzeitlich zu Opfern des 1. Weltkrieges für das Projekt „Gefangenenaustausch auf der Insel Rügen im 1. Weltkrieg“ und Anfertigung einer neuen, nach heutigen Standards, gewünschten Gräberliste
– Anfertigung der Gräberlisten-Endfassung für den Alten Friedhof – Anfertigung Arbeitsbericht und Übersendung/Übergabe der Gräberlisten-Endfassung für den Alten Friedhof.

Die Übergabe erfolgte am 09. 05. 2017 an die Stadt Bergen auf Rügen, die Kriegsgräberfürsorge und an den Landkreis Vorpommern-Rügen während eines Treffens hier im Gemeindehaus.
Anschließend wurden die betreffenden Abteilungen auf unseren Friedhöfen gemeinsam besichtigt.

Während der Gräbererfassung entstand für uns folgendes Problem:
Durch Änderungen in der Gräbergesetzgebung erfolgte nun auch die Erfassung von Opfergruppen, die früher keine Berücksichtigung fanden, wie z. B. „Flüchtlinge“.
Mir war während der Bearbeitung wichtig, ALLE Opfer namentlich zu erfassen, gleich in welcher Abteilung die Beerdigung stattfand, ob in überplanten oder nicht überplanten Bereichen.
Die Innere Verwaltung des Landes M-V darf das – dies ist ihr gutes Recht – aber anders sehen. Dort werden nur die Opfer berücksichtigt, die in nicht überplanten Abteilungen/Grabstätten bestattet wurden. Es erfolgt also eine Korrektur/Bereinigung der von mir erstellten Gräberlisten dahingehend, dass alle die Namen wieder entfernt werden, die in überplanten Grabstätten bestattet wurden.
Mittlerweile signalisierte die Kriegsgräberfürsorge Hilfestellung in der Form, Mittel bereitzustellen, um alle „entfernten“ Namen auf einem Sammel-Grabmal/-Grabplatte extra aufzuführen, damit diese Opfer nicht ein zweites Mal verloren gehen. Dafür sind wir außerordentlich dankbar.
Für die nicht überplanten Grablagen in den Abteilungen 1, 3 und 6 des Alten Friedhofes wird die Innere Verwaltung des Landes M/V mit dem Landkreis Vorpommern-Rügen und der Stadt Bergen auf Rügen die Herrichtung der Kriegsgräberstätten mit Erstellung der Namenstafeln übernehmen.
Folgende Opfergruppen ergeben sich nach meinen Recherchen für den Alten Friedhof:
Kriegsgefangene, Wehrmachtsangehörige, Terroropfer, Umquartierte, Flüchtlinge, Umsiedler und Zwangsarbeiter.
Für den Neuen Friedhof ergeben sich die Opfergruppen:
Heimkehrer und Flüchtlinge.

Alter Friedhof – In Abteilung 1 im sogen. Kinder-Quartier wird eine Herrichtung der Grünfläche erfolgen mit einer Sammel-Grabplatte mit Namensnennung für rund 140 dort in den Jahren 1941 bis 1946 bestattete Kinder von vorwiegend Flüchtlingen und Umsiedlern.
In Abteilung 3 auf dem jetzigen Abfallplatz wird eine Teilfläche abgetrennt hergerichtet mit einer Sammel-Grabplatte mit Namensnennung für rund 30 dort in den Jahren 1940 bis 1944 bestattete Zwangsarbeiter.

In Abteilung 6 (Flüchtlingswiese mit großem Findlingsstein) wird die Grabfläche aufgearbeitet. Es erfolgt die Aufstellung einer Sammel-Grabplatte mit Namensnennung für rund 200 dort in den Jahren 1944 bis 1946 bestattete Flüchtlinge, Bomben-Umquartierte, Zwangsarbeiter, Umsiedler und einer Marinehelferin.

VVN-Grabstelle
Gedenkstelle für VVN und Stutthof-Häftlinge (2020)

Die auf dem Alten Friedhof an der Friedhofskapelle noch vorhandene Kriegsgräber in Bergen VVN-Grabstätte bedarf noch besonderer Hinwendung, da sie lt. dem jetzt geltenden Gräbergesetz als überplant gilt.
Jedoch wurden ursprünglich dort in einem Sammelgrab im Jahr 1947 12 unbekannte KZ-Häftlinge aus dem KZ Stutthof bei Danzig beerdigt, die 1945 bei einem Fluchtversuch in Lauterbach erschossen wurden und dort am Bahndamm vorerst notdürftig bestattet wurden.
In den Jahren 1955 bis 1997 wurden auf der VVN-Grabstätte 15 VVN- Opfer, meistenteils als Urnenbestattung, beerdigt.
Es sollte uns gelingen, mit Vertretern der Stadt Bergen auf Rügen diese Schicksale wieder ins Bewusstsein unserer Bürger zu rücken und evtl. die Herrichtung als Gedenkstätte zu versuchen.

Neuer Friedhof
Neuer Friedhof Abteilung 1a (2017)

Auf dem Neuen Friedhof wird in Abteilung 1a die jetzige Grünfläche vom Hauptweg rechts hergerichtet mit einer Sammel-Grabplatte mit Namensnennung für rund 170 dort in den Jahren 1945 bis 1947 bestattete Flüchtlinge.
In Abteilung 2c (am rechten äußersten Rand des Neuen Friedhofes, ziemlich versteckt) erfolgt die Herrichtung der Grabfläche mit Aufstellung einer Sammel-Grabplatte mit Namensnennung für 11 dort in den Jahren 1946 bis 1947 bestattete Kriegsheimkehrer.

Bis zur vollständigen Herrichtung und Einweihung aller Anlagen wird es noch 2 bis 3 Jahre dauern, da u. a. auch Landschaftsgestalter zum Einsatz kommen sollen.

Gedenkstätte 1. Weltkrieg
Gedenkstätte 1. Weltkrieg auf dem Alten Friedhof (2020)

Eine Aufarbeitung der Grabplatten für die bereits bestehende Anlage der Opfer des 1. Weltkrieges in Abteilung 9 auf dem Alten Friedhof wird in Kürze erfolgen.

Gedenkstätte 2. Weltkrieg
Gedenkstätte 2. Weltkrieg auf dem Alten Friedhof (2020)

Auch an der bereits bestehenden Anlage der Opfer des 2. Weltkrieges in Abteilung 2 auf dem Alten Friedhof wird es Veränderungen geben.
Da die einzelnen Grabplatten mit den Namen der dort bestatteten Wehrmachtsangehörigen schon sehr verwittert sind, wird eine neue Sammel-Grabplatte aufgelegt, wo die Namen dann wieder gut lesbar sein werden.
Liebe Gemeindeglieder und Friedhofsbesucher, es lohnt sich also, ab und an mal wieder einen Spaziergang über unsere Friedhöfe zu machen und mitzuerleben, wie den Opfern der beiden letzten großen Kriege eine würdige Grabstätte bereitet wird. Sicher wird auch zu gegebener Zeit in der Tagespresse davon zu lesen sein.
Silvia Hampel
(Quelle: Gemeindebrief September/Oktober/November 2017)

Anmerkung der Redaktion (15.01.2022):

Für die Arbeit bei der Erfassung der Kriegsgräber wurde Silvia Hampel zum Tag des Ehrenamtes 2019 durch die Stadt Bergen auf Rügen in der Kategorie Gemeinwohl geehrt.

Die Grabstelle der Stutthof-Häftlinge und VVN-Angehörigen wurde 2019 durch die Fraktion DIE LINKEN umgestaltet.

Was die im obigen Artikel beschriebene Kenntlichmachung und Wiederherstellung der Kriegsgräberstätten betrifft, gibt es leider noch keine Erfolgsnachrichten. Eine Nachfrage beim Volksbund, im November 2021 ergab, dass der Gestaltungsvorschlag im September 2020 der Stadt Bergen auf Rügen vom Volksbund zur Verfügung gestellt wurde.

Anmerkung der Redaktion (11.02.2022):

Der Gestaltungsvorschlag wurde uns am 10.02.2022 übermittelt. Die neue Bearbeiterin wartet die Stellungnahme der Kirchengemeinde ab (15.02. – Friedhofsausschuss; 23.02. – Kirchengemeinderat).

Anmerkung der Redaktion (02.03.2022):

Die Stellungnahme der Kirchengemeinde zum Gestaltungsvorschlag wurde am 02.03.2022 im Rathausbriefkasten eingeworfen. Die weitere Bearbeitung des Projektes obliegt der Stadt (übertragener Wirkungskreis).

Anmerkung der Redaktion (31.03.2022):

Die Einarbeitung einiger Gestaltungsvorschläge erfolgt derzeit beim Volksbund.

Anmerkung der Redaktion (29.05.2022):

Nach einigem hin und her zwischen Kirchengemeinde und Planerin wurden letzte Punkte zur Planung geklärt.

Anmerkung der Redaktion (23.07.2022):

Am 9. August soll es ein Startgespräch mit Stadt, Volksbund und Kirchengemeinde geben.

Anmerkung der Redaktion (11.12.2022):

Die Stadtvertretung hat am 07.12.2022 die Durchführung der Maßnahme beschlossen.

Anmerkung der Redaktion (14.09.2023):

Heute Vor-Ort-Begehung mit dem von der Stadt beauftragten Planungsbüro.

Anmerkung der Redaktion (28.11.2023):

Heute finale Besprechung vor LV-Erstellung mit Stadt, Landesverwaltung und Volksbund.