Die Grüneberg-Orgel in der St. Marienkirche Bergen
Das Instrument wurde 1909 von Barnim Grüneberg mit 26 klingenden Stimmen auf zwei Manualen und Pedal erbaut. Grüneberg verwendete das Gehäuse der 1720 errichteten Vorgängerorgel wieder. Hinsichtlich der Größenordnung zählt das Instrument zu den wichtigsten spätromantischen Werken der Firma Grüneberg mit pneumatischen Kegelladen, die erhalten geblieben sind.
Während die Orgel technisch eigentlich unverändert ist und sich in einem bemerkenswert gepflegten, funktionssicheren Zustand befindet, wurden seit 1945 von 3 Orgelbauern klangliche Veränderungen vorgenommen mit dem Ziel, das Klangbild dem einer barocken Orgel näherzubringen. 8 Register des Originalbestandes sind so abhanden gekommen:
I. Manual | |
Cornett 3fach | (2 2/3′ konisch und 2′ zylindrisch als getrennt aufgestellten Reihen erhalten, Terzchor, vermutl. auch konisch, fehlt) |
Rauschquinte 2fach | |
Gambe 8′ | |
II. Manual | |
Konzertflöte 8′ | |
Aoeline 8′ | |
Vox celeste 8′ | |
Progr. Harmonica | |
Ped. | |
Cello 8′ | (vielleicht teilweise umgearbeitet im Choralbaß 4′ enthalten) |
Auf Zusatzlade wurde im Pedal Trompete 8′ (schaltbar mit der Wippe des ehemaligen Calcaten-Zuges) hinzugefügt.
Mit Ausnahme dieser musikalisch durchaus sinnvollen Erweiterung sollten die klanglichen Veränderungen rückgängig gemacht werden. Die neobarocken Register passen in Mensurierung und Intonation nicht zum spätromantischen Klangbild, die ursprüngliche Geschlossenheit des Konzeptes und somit die Eignung der Orgel für die Musik ihrer Bauzeit wurde beeinträchtigt, obwohl im Gegensatz zu vielen anderen Umbauten dieser Art den hier tätigen Orgelbauern handwerkliche Sorgfalt der Arbeit bescheinigt werden muß.
Vermutlich 1917 wurden die Zinnprospektpfeifen abgeliefert und später , wohl durch die Firma Grüneberg, in Zink ersetzt. Wann man auf die Idee kam, die großen Profilkränze der Seitentürme zu stutzen und die barocken Schleierbretter des Gehäuses durch ein ebenso primitives wie häßliches Leisten-Gitterwerk zu ersetzen, ist unbekannt. Die Art der Ausführung deutet aber auf eine Zeit nach 1945 hin. Welcher Schaden dadurch und durch den speckig-weißen Ölfarbenanstrich dem einst sicher sehr schönen Barockgehäuse zugefügt wurde, wird sich erst ermessen lassen, wenn ein historisches Foto auftaucht, welches den alten Zustand verdeutlicht.
Für die Wiederherstellung der Orgel schlage ich folgende Etappen vor:
1.)
Durchsicht und Reinigung des gesamten Orgelwerkes Rekonstruktion der Disposition von I. und Pedal durch Neufertigung fehlender Register bzw. Ergänzung nach Vorbild gleichzeitiger Grüneberg-Orgeln
2.)
Rekonstruktion der Disposition von II., Wiederherstellung der ursprünglichen Abfolge der Crescendo-Walze, Restaurierung des Spieltisches (Ergänzung fehlender Registerschildchen, Entfernen der riesigen Plastik-Nummernschilder und der Kontrollampe für die freie Kombination, Überarbeitung der furnierten Holzoberflächen, neue Elektroinstallation)
3.)
Wiederherstellung des Gehäuses durch Rekonstruktion des barocken Schleierwerkes und der alten Farbfassung, Rekonstruktion der Prospektpfeifen in hochprozentiger Zinnlegierung
Trompete 8′ (Pedal) bleibt als Zusatz erhalten und wird in der Intonation verbessert
Mit der klanglichen Rekonstruktion der Grüneberg-Orgel von 1909 kann ein im weiteren Umkreis einzigartiges, charakteristisches spätromantisches Orgelwerk hoher Qualität zu neuem Leben erweckt werden.
Martin Rost
Landeskirchlicher Orgelsachverständiger
der
Pommerschen Evangelischen Kirche
Die Evangelische Kirchengemeinde Bergen hat die Orgel in ihrem ursprünglichen Klangbild wiederhergestellt. Die Arbeiten begannen im Oktober 2006, und wurden in zwei Abschnitten durchgeführt (2. Abschnitt – Abnahme: 21.01.2009). Die Arbeiten wurden von der Orgelwerkstatt Christian Scheffler aus Sieversdorf ausgeführt.